"Frühling, Sommer, Herbst und Blut" (B.A. Moon) - Im Schatten der Vampire

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Frühling, Sommer, Herbst und Blut

Im Schatten der Vampire


"Schon wieder Vampire?", wird so mancher nun stöhnen. "Kann man es nicht langsam mal gut sein lassen mit den ollen Blutsaugern?" Nein, kann man nicht! Dann würde man nämlich was verpassen.
Zugegeben, auch ich habe so überdrüssig gedacht. Nach tausenden von Vampirfilmen, -comics und -romanen (ich übertreibe nicht!) war mein Blutdurst eigentlich gestillt. Bereits in jungen Jahren ein gieriger Konsument diverser Horrorheftserien à la John Sinclair, habe ich anschließend alle Trends und Moden mitgemacht. Bram Stoker, Max Schreck, Marvels "Tomb of Dracula", Wesley "Blade" Snipes, die Lost Boys, der Kleine Vampir, Vampirella (hach ...), Klaus Kinski, Blacula und und und – ich hatte sie alle. Irgendwann ließ der Reiz nach. Und nach Herbert, dem schwulen Vampir aus "Tanz der Vampire", habe ich eh gedacht, das kann durch nichts mehr getoppt werden. Der Mythos – ohnehin durch mannigfache Veralberungen, Verniedlichungen und Zeitgeistanpassungen ausgezehrt – verlor sukzessive seinen Appeal. Und als die morbiden Zähnefletscher dann zu romantischen Frauenlieblingen mutierten, gab ich angeödet mit verdrehten Augen auf.


Tja, und dann fiel mir dieses Buch in die Hände (und der Autor lief mir gleich mit über den Weg), ein Kurzgeschichtenband über die wohl stilvollsten Geschöpfe der Nacht, ergänzt mit Lyrik und Illustrationen. Schon nach den ersten Sätzen war die alte Faszination wieder da. Dargebracht in spannenden Storys, flamboyanten Gedichten und wunderhübschen Zeichnungen, triefen hier die bissigen Untoten nur so vor traditionellem Flair.
B.A. Moon gibt gar nicht vor, dass er etwas revolutionär Neues zu bieten hat. Nein, der Autor wandelt auf klassischen Pfaden. Seine Vampire sind würdevoll, auf eine beinahe altmodische Weise unheimlich. Der Autor lässt auch nicht die hinlänglich bekannten Klischees links liegen (er schwelgt geradezu in ihnen), aber er verwendet sie wohldosiert und immer in einem originellen Kontext. Ob es nun den Zeugen Jehovas an den Kragen geht, eine makabere Sucht entsteht, ein dunkler Jäger zur brutalen Tat schreitet oder man es mit dem sonderbaren Amt für Nocturnihumanoide zu tun bekommt, es mischen sich Dunkelromantik, Wortwitz, Suspense und Action zu einer sehr unterhaltsamen Lektüre.
Das schon so häufig umgekrempelte Vampirgenre ist eben doch nicht so ausgelutscht, wie es den Anschein hat.

Titel: Frühling, Sommer, Herbst und Blut – Eine Anthologie über die Kinder der Nacht und ihre dunkle Welt
Autor: B.A. Moon
Verlag: Books on Demand
ISBN: 978-3-8391-0549-8
Paperback; 9,80 Eur[D]; ca. 144 Seiten

(Text: Harry Michael Liedtke)

 

(Text: Harry Michael Liedtke)